Ergänzend zu unserem Neuseeland-Artikel im Heft III/2018 kommen von den Fahrplancenter-News (59) folgende Ergänzungen und Präzisierungen:
NEUSEELAND
ZURÜCK ZUM REISEZUG
Jahrelang wurde der Schienenpersonenverkehr in Neuseeland immer mehr vernachlässigt. Nur um die beiden Großstädte Wellington und Auckland wurde der Vorortsverkehr stark entwickelt und er wird von den Reisenden regelrecht „gestürmt“. Keine der Vorausberechnungen hatte mit solch hohen Zuwachsraten gerechnet, aber die Straßen bleiben verstopft und die Reisezeit mit Auto oder Bus verlängert sich laufend. Dazu kommt, dass die Mieten in den großen Städten über die vergangenen 8 bis 10 Jahre sehr stark gestiegen sind und mit der Niederlassung neuer Firmen hat ein erneuter Boom eingesetzt, der noch mehr Menschen aus den Zentren in immer weiter entferntere Orte vertreibt. Also nimmt die Zahl der täglich pendelnden Menschen weiter zu.
Andererseits hat die neue Regierung beschlossen, keine neuen Straßen mehr zu bauen. Nur gerade jene Projekte, die sich zu Beginn des Jahres 2018 in Ausführung befanden, werden noch fertiggestellt.
Also kommt die Rückkehr zur Bahn wohl schneller als geplant. Bereits wurde beschlossen den Abschnitt Papakura – Pukekohe zu elektrifizieren, um die S-Bahn von Auckland bis ins 49 km südlich der Stadt liegende Pukekohe zu verlängern. Im Moment enden die Züge noch in Papakura, 31 km vom Zentrum Aucklands entfernt. Die Stadt Hamilton lässt auch nicht locker und besteht weiterhin auf der Einrichtung einer Regionalzugverbindung nach Auckland. Es müsse nicht einmal elektrischer Verkehr sein, auch Dieselzüge würden die Bedürfnisse vorerst decken, hiess es aus dem Bürgermeisteramt der Stadt. Vor Ort werden bereits dabei beide Bahnhöfe (Central und Frankton) dahingehend geprüft, um festzustellen ab welchem Bahnhof der Verkehr schneller eingerichtet werden kann. Man spricht davon, früh zwei Züge nach Auckland und am Abend zwei zurück einzusetzen und alle Züge sollen unterwegs auch in Rotokauri, Huntly, Tuakau und Papakura halten. Für den Park+Ride Platz wurden am Bahnhof Rotokauri bereits 2 Hektar Land erworben. Auch soll diese Verbindung nicht mehr von einem Privatunternehmen, sondern durch die Staatsbahn KiwiRail betrieben werden.
Bei KiwiRail ist man jetzt auch dabei umzudenken, denn man hat erkannt, dass auch Personenverkehr ein Geschäft sein kann. Bislang hat man sich mit den wenigen touristischen Fernzügen, wie Wellington – Auckland, Christchurch – Greymouth und wenn die Strecke wieder offen ist auch von Christchurch nach Picton begnügt. Aber hier kommt ein großes Problem. Bereits jetzt sind zu wenige Personenwagen für die Züge vorhanden. Eine Ausschreibung für neue Wagen, die 2017 international erfolgte, brachte kein Ergebnis, da die Zahl der zu bauenden Wagen zu klein war. Zwar hat KiwiRail deshalb alte Personenwagen, die vor der Elektrifizierung in Auckland verkehrten, in eine Werkstätte überführt. Doch der jahrelange Abbau beim Personal hat nun zum Problem geführt, dass nicht ausreichend Fachkräfte für den Totalumbau dieser Wagen zur Verfügung stehen. Die paar Wagen reichen auch nur zur Verstärkung der bestehenden Züge aus. Aber zur doppelten Führung des „TranzAlpine“ Christchurch – Greymouth müssten schon 12 zusätzliche Wagen her. Die Überlegung den „Southerner“ Christchurch – Invercargill wieder in Betrieb zu nehmen, musste wegen Wagenmangel ebenfalls verschoben werden. Andere im Land vorhandene Wagen wurden an Dunedin Railways (Taieri Gorge) und andere Touristenbahnen verkauft und stehen KiwiRail nicht mehr zur Verfügung. Es liegt nun an der Bahn eine Lösung zu finden, denn nicht nur Hamilton – Auckland steht ganz oben auf der Liste. Auch der bereits länger diskutierte und von Kiwi-Rail zuerst abgelehnte Vorortsverkehr um Christchurch, hat eine neue Dringlichkeit bekommen, was nun sogar von Kiwi-Rail eingesehen wird.
Es kommen spannende Zeiten auf Neuseelands Bahn zu!
CHRISTCHURCH – PICTON
Das schwere Erdbeben von Kaikoura am 14.11.2016 hatte Teile der 348 km langen Strecke Christchurch – Picton komplett zerstört. KiwiRail begann danach sofort mit Reparaturen, schon um einen gestrandeten Güterzug zu retten. Danach begann der Wiederaufbau. 12 km mussten komplett rekonstruiert werden, wovon 5 km Neubau sind. Tunnels mussten saniert werden und an sehr nahe der Küste liegenden Abschnitten waren Stabilisierungsmassnahmen notwendig. Seit September 2017 können Güterzüge bei Nacht mit niedriger Geschwindigkeit diese Abschnitte durchfahren, bei Tag erfolgen weitere Arbeiten. Nun sind diese soweit fortgeschritten, dass ab 01.12.2018 auch der Personenverkehr wieder aufgenommen werden kann. Vorerst wird der Zug bis Ende April 2019 täglich verkehren, wobei die Fahrzeiten mit etwas über 6 Stunden, fast eine Stunde länger sind als zuvor. KiwiRail will vor April über die weiteren Fahrpläne entscheiden. Die Wagen des „Coastal Pacific“ genannten Zuges waren in der Zwischenzeit nicht untätig und verstärkten die Züge Christchurch – Greymouth und Wellington – Auckland. Nach einer Revision kehren alle nach Christchurch für den Einsatz nach Picton zurück.
WESTLAND TOURISTENZUG
Die Regierung hat NZ$ 250.000 zur Verfügung gestellt, womit eine Studie zur Wiederinbetriebnahme der Strecke Hokitika – Greymouth – Westport an der Westküste der Südinsel im Personenverkehr untersucht werden soll. Die über 200 km lange Strecke ist noch komplett vorhanden. Von Greymouth nach Westport verkehren noch wenige Güterzüge bei Bedarf. Von Greymouth nach Hokitika verkehren täglich Güterzüge die Kohle und Milch transportieren. Für den Milchtransport wurden bis September 2018 insgesamt 12 neue Milchtankwagen, mit einem Fassungsvermögen von je 50.000 Litern geliefert. Deshalb befindet sich dieser 45 km lange Abschnitt in gutem Zustand. Die Studie soll den Finanzbedarf für die Infrastruktur und die Beschaffung von Loks und Personenwagen ermitteln. Die Züge sollen täglich verkehren und ein Zusatzangebot für die mit dem TranzAlpine-Zug aus Christchurch ankommenden Reisenden bieten. Zudem sollen mit zusätzlichen Angeboten im Tourismus dringend benötigte Arbeitsplätze in der Region geschaffen werden.
UMDENKEN
Schneller als man denkt, beginnt man bei KiwiRail an die neuen politischen Bedingungen zu denken. Es ist noch nicht lange her, da wollte die Bahn die Elektrifizierung des Mittelstücks der Hauptstrecke über die Nordinsel beenden und zurückbauen. Doch die Elektroloks fahren noch immer und man hat die Nutzlosigkeit des Vorhabens erkannt, zumal die Regierung auf die Elektrifizierung der Lücke im Norden für die kommenden Jahre anvisiert. So würde eine durchgehend elektrifizierte Strecke über 686 km von Wellington bis Auckland entstehen, womit die Bahn umwelttechnisch eindeutig im Vorteil wäre gegenüber allen anderen Verkehrsträgern. Zusammen mit dem geplanten Ausbau der Northland-Linie von Auckland nach Marsden Point und weiter, kann das Land einen leistungsfähigen Transportkorridor über die ganze Nordinsel schaffen.
Freundliche Grüsse
FAHRPLANCENTER
Samuel Rachdi
Im oberen Gern 52, CH-8409 Winterthur,
Pingback:Heft III/2018 – fern-express.de