Ägypten: Schweres Unglück im Bahnhof Kairo Ramsis

Ein Zug prallte heute früh (27.02.2019) im Bahnhof Ramsis in der Innenstadt von Kairo gegen einen Prellbock und fing Feuer, wobei mindestens 20 Menschen um das Leben kamen. Weitere 35 Menschen wurden verletzt.

Laut Al Jazeera soll das Feuer durch die Explosion eines Treibstofftanks ausgelöst worden sein. Ein Zeuge sagte, es gab eine Explosion, als der Zug in Ramses Station gegen einen Prellbock am Bahnsteig 6 fuhr. „Alle rannten los, aber viele Menschen starben, als die Lokomotive explodierte.“

Premierminister Mostafa Madbouly verkürzte eine Kabinettssitzung, um das Gelände zu besuchen, während der Generalstaatsanwalt eine Untersuchung der Ursache des Absturzes und des daraus resultierenden Brandes in der überfüllten Station anordnete.

Der Sprecher der Eisenbahnbehörde, Mohamed Abdullah, sagte, der Zug sei gegen den Prellbock am Ende der Strecke geprallt. Weitere Details gab er nicht an.

GK, WKZ

Quellen:

Al Jazeera (Englisch) …

Bloomberg (Englisch) …

Egypt Today (Englisch) …

 

Update:

Ägypten: Zugunglück war Folge eines Lokführer-Streits? Verkehrsminister zurückgetreten

Die bislang relativ spärlich veröffentlichten Berichte über das Zugunglück am Mittwoch (27.02.19) auf dem Hauptbahnhof von Kairo werden die Abläufe mehrheitlich und offiziell wie folgt dargestellt:

Ursache sei ein Streit zwischen zwei Lokführern gewesen, die sich im Bahnhofsvorfeld um die offenbar ungeregelte „Vorfahrt“ stritten bzw. dort eine leichte Kollision hatten. Die SZ schreibt: Einer der beiden Lokführer „… habe darauf seine Führerkabine verlassen, um sich bei dem anderen zu beschweren, ohne die Bremse anzuziehen. Als der zweite Zug danach den Rückwärtsgang einlegte, nahm der erste wieder Fahrt auf. Er prallte schließlich gegen einen Betonblock am Ende des Gleises.“ Daraufhin sei die Lokomotive „in einem Feuerball (explodiert), der sich über den Bahnsteig in das angrenzende Gebäude walzte“. Das ist ebenfalls im Welt-Video zu sehen. Laut Staatsanwaltschaft hätte der Lokführer beim Verlassen der Lok vergessen, die Bremse zu betätigen. Der verhaftete Lokführer sprach von korrodierten Bremsen und Radsätzen am Zug. Ein Augenzeuge schildert dagegen das unbegrenzte „Rasen in den Bahnhof, ohne zu bremsen“ und das „Abspringen des Lokführers in letzter Minute“ (ebenfalls Welt-Video)

Bei dem Zugunglück starben mindestens 25 Menschen und 50 weitere wurden schwer verletzt, etliche schweben noch in Lebensgefahr.

Verkehrsminister Hisham Arafat ist Stunden nach der Katastrophe am Mittwoch zurückgetreten.
Allerdings bleiben bei der offiziellen Darstellung etliche Fragen offen:

  • wie könnte der Unglückzug – die – auch im „Welt“-Video erkennbare – „überhöhte Geschwindigkeit“ aufnehmen, wenn er wenige Hundert Meter (laut Google Maps schlechtestenfalls ca. 1000 m) zuvor „stand“? Hat er selbsttätig beschleunigt? gibt es dort ein starkes Gefälle?
  • wieso explodiert ein Dieseltank bei einem Aufprall in einem „Feuerball“? Das ist zwar in sehr engen Grenzen theoretisch möglich sein, ist aber ziemlich unwahrscheinlich. Diesel hat einen Siedepunkt von über 250 °C, die Flüssigkeit selbst ist praktisch nicht entzündbar, außer in äußerst feiner Zerstäubung wie beim Einspritzen in den Motor (und dort herrschen dann auch hohe Temperaturen).
  • Wie erklärt sich der Widerspruch, „der Lokführer sei abgesprungen und geflüchtet“ zu „der Lokführer habe im Stand seine Maschine verlassen“?

Falls die unmittelbare Ursache des Unfalls und der darauf folgenden Explosion das dargestellte „menschliche Versagen“ gewesen sein sollte, so liegt die Hauptursache doch im ägyptischen Eisenbahnsystem. Dass Zufahrtsregelung zum Bahnhof einer Millionenstadt im Dialog „ausgefochten“ werden muss und offenkundig keinerlei Sicherungsmaßnahmen funktionieren ist ein Anachronismus ohne Beispiel. Laut der ägyptischen Zentralagentur für öffentliche Mobilisierung und Statistik (CAPMAS) erlitt das Land zwischen 2006 und 2016 mehr als 12.000 Zugunfälle – im Jahresdurchschnitt 1.100. Ursache ist eine seit Jahren nicht behobene Unterfinanzierung des Eisenbahnsystems, schreibt der Nachrichtenkanal Al Jazeera. Die derzeitige Regierung von Präsident Abdel Fattah el-Sisi hätte das Eisenbahnsystem nicht erneuert.

Im Jahr 2017 lehnte el-Sisi den Vorschlag von Verkehrsminister Hisham Arafat, erhebliche Mittel für den Wiederaufbau des Eisenbahnsystems bereitzustellen, mit der Bemerkung ab, dass es für die ägyptische Regierung besser wäre, das Geld auf der Bank zu deponieren und 10% Zinsen zu verdienen, als das Geld für die Modernisierung der ägyptischen Eisenbahnen auszugeben. Al Jazeera sieht in dem Zugunglück ein weiteres Zeichen dafür, dass Ägypten politisch und wirtschaftlich auf eine große Katastrophe zusteuert.

Sehr informativ ist das Video der „Welt“

FE/KWK, Quellen: WKZ, Al Jazeera, BBC, Welt, SZ, Tagesschau

https://www.aljazeera.com/…

https://www.tagesschau.de/…

https://www.bbc.com/…

https://www.sueddeutsche.de/…

https://www.welt.de/…

 

 

 

 

 

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