Heft II/2013

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Ergänzung zum Heft am Ende der Seite (07.08.2013)


Liebe Leser,
unsere „bunte Mischung“ ist heute wieder außerordentlich bunt geworden. Gleich vier Kontinente werden bereist:

  • In Asien berichten wir erstmalig ausführlich über Bangladesch, sogar gleich mit zwei Artikeln. Neben einem Überblick über die Bahnen des Landes zeigen wir die größte Herausforderung des Bahnsystems, den Transport von zwei Millionen Pilgern täglich. Wieder ein weißer Fleck weniger auf unserer hausinternen Karte … viele bleiben nicht mehr.
  • Zwei Blicke werfen wir auf Nordafrika nach Tunesien und Algerien, ein Update unseres (noch lieferbaren) Maghrebheftes 70 aus dem Jahr 2001 mittels aktueller Reiseberichte.
  • Unsere lockere Serie „Fern-Express Zwischenstopp“ führt uns nach Portugal an die Algarve, nicht nur zum Baden geeignet. Aber auch DAS lässt sich mit Bahnerlebnissen verbinden.
  • Günter Holle nimmt uns mit auf zwei Reisen durch Argentinien, bei allen Problemen für Eisenbahnen in diesem Land geht hier immer noch manches auf dem Schienenweg …

Schließlich bleibt noch ein Nachtrag zum unserem Themenheft „Ukraine“, der leider beim besten Willen nicht mehr in das Themenheft passte und somit hier nachgereicht werden soll. Zwei Standseilbahnen in Kiew und Odessa runden das Bild über die Bahnen des Landes ab.

Viel Vergnügen wünscht Ihnen

Ihr Karl-W. Koch


Inhalt

Impressum

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Während der junge Muezzin unten links ohne Unterlass die Verse des heiligen Korans zitiert, zählen seine Kollegen bereits die Spenden der vorbeimarschierenden Pilger. Die Einnahmen kommen der am linken Bildrand sichtbaren Moschee zugute.ANDREAS ILLERT
WENN DIE MEGACITY PILGERT
Biswa Ijtema in Bangladesch ist mit mehr als zwei Millionen Pilgern die zweitgrößte islamische Zusammenkunft nach der traditionellen Pilgerfahrt gen Mekka.

Bericht als PDF…

Menschentrauben auf Meterspur. Diesellok MED-14 2802 zieht dreizehn gut besetzte Personenwagen aus dem Bahnhof Dhaka Kamalapur. Die Hauptbahn ist in Doppelspur ausgeführt. Neben den Meterspurzügen können auch Breitspurzüge in den wichtigsten Bahnhof Bangladeschs geführt werden.ANDREAS ILLERT
EISENBAHNEN IN BANGLADESCH
Etwas Kenntnis von Geographie und jüngerer Geschichte ist erforderlich, um die Besonderheiten des Eisenbahnbetriebs in Bangladesch zu verstehen.

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Meterspur: Im Bahnhof von Pont du Fahs wartet der Zug aus Tunis den Gegenzug aus Dahmani ab.JÜRG D. LÜTHARD
BAHNLAND TUNESIEN
Eine Umschau über den aktuellen Schienenverkehr des nordafrikanischen Landes

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Durch die Obst- und Gemüsegärten bei Ferreiras zieht am 08.06.12 die 5617 ihren IC 670 in Richtung Lissabon.THOMAS ESTLER
SCHAUPLATZ ALGARVE IN PORTUGAL
FERN-EXPRESS ZWISCHENSTOPP
Die Algarve ist nicht nur eines der beliebtesten Ferienziele in Europa, auch eisenbahntechnisch ist sie gut erschlossen.

Algier Straßenbahn Alstom UDO PLATTNER
ALGERIEN
Ein Reisebericht durch ein bislang nahezu unbekanntes (Eisenbahn-) Land

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Bahnhof Plaza Constitucion, von hier fuhren ehemals die Züge bis Patagonien.GÜNTER HOLLE
FELIZ VIAJE!
Bahnreisen in Argentinien 2012

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CYRILL SEIFERT
STANDSEILBAHNEN IN DER UKRAINE
Die Ukraine besitzt zwei Standseilbahnen, in Kiew und in Odessa

NACHRICHTEN

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Algarve: Durch die Orangenhaine bei Calvos (zwischen Messines-Alte und Tunes) eilt die Penduloso-Einheit 4005 als Alfa Pendular 180 am 5. Juni 2012 in Richtung Faro

Rücktitel: Durch die Orangenhaine bei Calvos (zwischen Messines-Alte und Tunes) eilt die Penduloso-Einheit 4005 als Alfa Pendular 180 am 5. Juni 2012 in Richtung Faro (Algarve)

 

Fotogalerie

 

Ergänzung

Wolfgang Kling

Ukrainische Reiseskizzen

Ta-tam, ta-tam. Passend zum Rhythmus schwingt der Wagen immer leicht nach und schaukelt gemütlich. Wir befinden uns im Fernzug, der an ungeraden Tagen Tschernivtsi mit Odessa verbindet und seit dem Nachmittag in Richtung Ternopil fährt. Das Teilziel Ktovsk ist noch in weiter Ferne aber eilig hat man es in diesem Land auch angesichts großer Distanzen nicht.

Der Wagen aus solider Deutsch-Demokratischer Produktion der Kupe-Klasse mit 4er-Schlafabteilen versprüht einen eigenen Charme, der Samowar im Gang kocht leise vor sich hin und die Nachmittagssonne scheint durch die Fenstergardinen, in die der Zugsname eingewebt ist.

Seit mehreren Stunden geht es mit geschätzten 40 km/h durch eine hügelig-liebliche Landschaft, die Doppellok an der Zugsspitze raucht je nach Steigung mehr oder weniger aber die beiden Diesel arbeiten nur dann gemeinsam, wenn es die Steigung wirklich erfordert. Bei Talfahrten hat einer Pause.

Nach dem Nachtessen und dem obligaten Gute-Nacht-Wodka wird das Bett bezogen, dem Rat der einheimischen Mitreisenden folgend mit dem Kopf zum Gang, obwohl die Inneneinrichtung es anders herum vorsieht. Warum, wird später klar: diese Aprilnacht ist eiskalt und die Wagenheizung außer Betrieb. So frieren einem ob der Zugluft durch das undichte Fenster nur die Füße und nicht der Kopf halb ab. Pünktlich auf die Minute kommt der Zug nach einer erfrischenden Nacht in Kotovsk an und es empfängt uns eine kalte Morgendämmerung. Am Schalter kann man auch zu früher Stunde Billette lösen und auf die Nachfrage, ob diese tatsächlich auf den Zielbahnhof ausgestellt sind, da nur P-na-B aufgedruckt ist, erntet man blankes Unverständnis. Das weiß man doch, dass das Pervomaisk-na-Busy heißt und richtig ist und hier keine falschen Billette verkauft werden. Die restlichen Kunden grinsen, denn Billettkauf ist in diesem Land kein Geheimnis und die Diskretionszone maximal eine Schulterbreite groß. Man steht gemeinsam am und um das Schalterfenster.

Der Zug Richtung Pervomaisk, einer von zwei Zügen am Tag auf dieser Strecke, besteht aus drei ehemaligen Großraum-Schlafwagen, die heute dem Regionalverkehr dienen und in denen alles transportiert wird, was auf den Markt muss oder dort gekauft wurde: Kartoffeln in Zentnersäcken, Gemüse aller Variationen und Lebendvieh bis Huhngröße. Die ersten Sonnenstrahlen geben der Szenerie einen goldigen Anstrich und tauen die Lebensgeister wieder auf, während der Zug durch die hügelige Landschaft rollt. In Pervomaisk ist die Reise für Heute zu Ende und wir verbringen den Nachmittag unter der schützenden Hand von Lenin, der wie seit eh auf dem Hauptplatz steht und bewundern die große Eisenbahnbrücke, die hier den Bug überquert und beidseitig militärisch von Mann und Hund bewacht wird.

Nach einer erholsamen Nacht im Hotel aus alten Tagen geht es mit dem Taxi zum nächsten Bahnhof mit Anschluss. Der Zug, bestehend aus einem Wagen und einer ähnlich großen Diesellok, wird erreicht und so rollen wir wieder durch liebliche Landschaften, bergab stets schneller als bergauf, aber immer nur so schnell, das der Begriff „gemütlich“ gerechtfertigt ist. Der Zug endet in Holovanivsk, ab hier geht es auf schmaler Spur weiter. Der Übergang auf den Anschlusszug beträgt gut eine Stunde, der Bahnhof ist ein kleines, einstöckiges Gebäude und das Gleisfeld ein großer Rasenplatz, auf dem Geißen grasen. Das Schauspiel des Anschlusses von Breit- auf Schmalspur findet dreimal in der Woche statt, dazwischen stört kein Zug das ruhige Landleben.

Es bleibt genügen Zeit zum Billett kaufen, und die alte Dame in Hausfrauenschürze hinter einem kleinen Fensterchen mit Schlitz fertigt diese handschriftlich und mit viel Liebe an, um sie zuletzt mit drei verschiedenen Stempeln zu garnieren. Auf der inzwischen weggestellten Diesellok bemerkt der Maschinist unser Bahninteresse und öffnet alle verfügbaren Türen, um Einblick in die technische Wunderwelt der Lok zu geben und erklärt bereitwillig, was das alles ist: Мотор Дисель, Генератор, Компрессор.

Wie erwartet kommt der Schmalspur-Anschluss in Form von Lok mit Wagen und im Bahnhof herrscht für kurze Zeit fast richtiger Betrieb. Dem schönen Frühlingswetter entsprechend ist die Lok sauber geputzt und der Wagen äußerlich frisch revidiert. Die Fahrt nach Haivoron ist das, was man Eisenbahnromantik nennt: durch endlose, grüne, sanft hügelige Landschaften, selten gestört von sehr ländlichen Siedlungen mit Haltestellen, die in Kiev vergessen wurden. Problemlos lässt sich aus dem Wagen heraus in der geöffneten Türe stehend die Stimmung fotografisch einfangen und die milde Luft genießen. Dank der frischen Außenrevision des Wagens tragen Hose und Pullover diverse staatsbahnblaue Flecken als Trophäe davon.

In Haivoron endet der Zug und damit auch unsere Bahnreise für Heute. Nachdem wir knapp einer Festnahme durch ein uniformiertes Staatsorgan wegen unerlaubtem Fotografieren auf dem Depotgelände entgehen konnten genießen wir die ruhige Beschaulichkeit des Landlebens. Gute Verpflegung ist gewährleistet, sowohl im Restaurant, wo einem auf der Terrasse dicke Maikäfer um die Köpfe brummen und die Gesellschaft vom Nachbartisch ungeachtet der Sprachbarriere zu Tanz und Wodka einlädt oder im Dorfladen, in dem die elektronische Kasse zwar den Fortschritt markiert, aber die Rechnung weiterhin auf dem alten Zählrahmen aufsummiert wird.

Dass man immer auf alles gefasst sein muss zeigt sich beim Duschen im Hotel, als die Antwort beim Griff zum Duschkopf nach dem Einseifen nur ein müdes Röcheln ist. Da hilft nur, mit der vorrätigen Zweiliterflasche Mineralwasser fertig zu duschen. Ein wahrhaft prickelndes Erlebnis.

Am nächsten Abend finden wir wie gebucht den Breitspur-Schlafwagen nach Lviv am Bahnsteig vor, der nur an ungeraden Tagen verkehrt – am Schluss eines stattlichen Güterzuges mit Dieseltraktion. Die Wagenbegleiterin bittet zum Einsteigen und es verbreitet sich wieder diese freundliche, familiäre Atmosphäre im Großraum-Schlafwagen, in dem wir langsam zum nächsten Bahnhof fahren. Dort verlässt uns die Diesellok, um weitere Güterwagen einzusammeln und kommt damit wieder zurück an den Zug. Ein „Stücker“ mit Schlafwagen. Wo in Europa gibt es das noch? Bei Einbruch der Dunkelheit tauchen wenige Glühbirnen den Wagen in schummriges Licht. Und so rollen wir wieder durch die endlose, dunkle Landschaft, der Wagen schwingt bei jedem Schienenstoß leicht nach und schaukelt einen gemütlich in den Schlaf. Ta-tam, Ta-tam.

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