Tal gegen Tunnel
Die Verbindung Turin – Lyon, die für rund 15 Mrd. € ausgebaut werden soll, ist als wesentliches Teilstück der europäischen Eisenbahn-Ost-West-Achse von Lissabon bis Kiew geplant. Das aufwendigste Bauvorhaben dabei ist der 53 km lange Mont-Cenis-Basistunnel zwischen dem französischen Saint-Jean-de-Maurienne und Venaus in Italien.
Die Gegner dieses Projekts dehnten in den vergangenen Tagen ihre Protestaktionen weit über das rund 90 km lange Susa-Gebirgstal aus. Von Turin bis Palermo besetzten sie Straßen oder Bahnhöfe, vor Sitzen des Fernsehsenders Rai wurde demonstriert und in Rom okkupierten sie vorübergehend die Zentrale der sozialdemokratischen Partei PD. Im Susa-Tal selbst gab es wieder Verletzte; Polizisten und Protestierer, aber auch Journalisten wurden angegriffen. Steine flogen, Autos und Müllcontainer gingen in Flammen auf, die Polizei setzte Schlagstöcke und Wasserwerfer ein. Zeitweise war das Tal nicht mehr erreichbar wegen der Blockaden von Tunnels, Straßen und der Autobahn A32 durch Gegner der Hochgeschwindigkeitstrasse.
Politiker aller Parteien in Italien verurteilten die Gewalt. Während es auf französischer Seite keinen Widerstand gibt, will auf italienischer Seite ein großer Teil der rund 25.000 Einwohner der Susa-Tal-Gemeinden den Ausbau verhindern. Die Gegner wenden ein, die Investitionen würden sich nicht rechnen. Sie befürchten auch, dass die Talbewohner krank werden könnten und die Umwelt zu stark geschädigt werde, denn die Bahntunnel müssten durch Gestein gebohrt werden, das krebserregenden Asbest und Uran enthält.
(www.sueddeutsche.de)