Immer noch Dampfbetrieb
Für Dampflokfreunde gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht aus Paraguay. Die gute Nachricht: Der Betrieb der privatisierten Staatsbahn wird weiterhin zu 100% mit Dampfloks abgewickelt. Die schlechte Nachricht: Das Streckennetz ist bis auf zwei kurze Abschnitte nun fast vollständig stillgelegt.
Im Stadtgebiet von Asuncion sind die Schienen abgebaut oder im Straßenbereich überteert. Der alte Hauptbahnhof beherbergt ein sehenswertes Eisenbahnmuseum, im benachbarten Lokschuppen rostet noch eine Dampflok vor sich hin. Der Ausflugszug nach Aregua beginnt nun im Bahnhof Jardin Botanico am Stadtrand. Außer dem Ausflugszug samstags alle zwei Wochen fahren keine weiteren Züge auf dem 22 km langen Reststück nach Aregua. Hinter Aregua sind die Gleise überwuchert oder vollständig entfernt. Selbst der Ausflugszug musste im Juli wegen Einsturz einer Brücke auf unbestimmte Zeit eingestellt werden.
Am anderen Ende der Bahn in Encarna-cion wird noch planmäßig mit Dampfloks rangiert. Im Rangierbahnhof sind ein bis zwei Loks für den Verschub von Güterwagen unter Dampf. Pro Jahr werden etwa 400.000 Tonnen Sojabohnen auf die Bahn verladen, wobei die Zufuhr der Leerwagen und die Abfuhr der Güterzüge über die Flussbrücke nach Argentinien von argentinischen Dieselloks erledigt wird. Die letzten Streckeneinsätze der Dampfloks waren bis vor kurzem die Überführungsfahrten von und zum Betriebswerk. Da ab Dezember 2009 der Fluss Parana um weitere zehn Meter aufgestaut und dabei ein erheblicher Teil der Stadt mitsamt dem altem Bahnhof unter Wasser gesetzt wird, hat man daher im Juni alle Loks in den Rangierbahnhof umstationiert und die Schienen im Stadtgebiet komplett herausgerissen. Inzwischen ist nur noch ein etwa zwei Kilometer langer Streckenrest vom Rangierbahnhof zu einem Lagerhaus übrig.
Von den holzgefeuerten Dampfloks sind noch sieben Exemplare betriebsfähig: zwei Loks in Jardin Botanico für den Ausflugszug, vier in Encarnacion und eine Lok im Ausbesserungswerk Sapucai. Das Ausbesserungswerk ist auf Schienen nicht mehr erreichbar. Die weniger als ein Dutzend im AW verbliebenen Eisenbahner beschäftigen sich mit der Aufarbeitung von kleineren Teilen wie Pumpen, die mit Lkw angeliefert werden. Der technische Zustand der Loks in Encarnacion ist schlecht, die Zukunft des Dampfbetriebs entsprechend unsicher. (Andreas Illert)